Kann man ein Alpaka mit gebrochener Wirbelsäule behandeln?

Zunächst muss unterschieden werden: ist nur die Wirbelsäule, also sind Knochen gebrochen oder sind auch das Rückenmark oder andere Nerven betroffen. Letzteres kann man daran erkennen, dass neurologische Defizite in Form von Taubheit und/oder Lähmungen vorhanden sind. Falls neurologische Defizite da sind, heißt das immer noch nicht, dass das Rückenmark oder Nerven irreparabel beschädigt wurden. Denn häufig führen Quetschungen über die dadurch ausgelöste Schwellung zu Einschränkungen. Nach Abklingen dieser Schwellung arbeiten sie völlig normal.

Was bedeutet das nun?

Zunächst bedeutet es, dass sehr sorgfältig abgewägt werden sollte, ob ein Tier wirklich nicht zu retten ist, denn meist werden Alpakas selbst ohne Nervenschädigungen mit verletzter Wirbelsäule eingeschläfert. Das ist aber nicht notwendig, sondern im Gegenteil: es sollte immer versucht werden, das Tier zu retten. Glücklicherweise haben viele Tierkliniken inzwischen die Möglichkeit, nicht nur ein Röntgenbild, sondern auch ein MRT mit direkter Darstellung nicht nur der Wirbelsäule, sondern auch der Nerven und des Rückenmarks zu machen. Nur damit ist eine sichere Aussage zu treffen.

Nur bei einer vollständigen oder weitgehenden Durchtrennung des Rückenmarks besteht keine Chance auf ein lebenswertes Leben. Denn ein teilweise gelähmtes Alpaka stirbt an den in der Folge auftretenden Komplikationen. Dennoch kann selbst bei Lähmungen noch abgewartet werden, ob diese sich positiv verändern unter optimaler abschwellender Therapie, wenn das MRT eine weitgehende Durchtrennung der Nerven ausgeschlossen hat. Denn oft beginnt die Verbesserung/Regeneration der Nervenbahnen erst nach einigen Tagen unter der optimal abschwellenden Therapie.

Was kann man also tun? 

  • Zunächst ist eine Ruhigstellung wichtig, um Folgeschäden zu vermeiden.

  • Es hat sich bewährt (und wurde in der Zeitschrift des AAA = Australian Alpaca Association ausführlich dargestellt), das Alpaka zwischen Heuballen seitlich zu fixieren und mit einer schweren Platte ohne Kontakt zum Tier am Aufstehen zu hindern. Vorne wird Wasser und Futter angeboten, hinten werden Kot und Urin immer wieder entfernt. Bitte das Alpaka nicht isolieren, es wäre ideal, wenn es mitten zwischen den anderen liegen darf.

  • Wichtig ist die Gabe von Schmerzmitteln, Entzündungshemmern sowie Cortison, außerdem muss das der Stress reduziert werden. Das kann mit Medikamenten geschehen, aber auch Bachblüten und Homöopathika haben sich bewährt (vor allem Traumeel und Rescue-Tro).

  • Weil Alpakas im Krankheitsfall schnell in eine Acidose von Magen oder sogar Stoffwechsel entgleiten, sollte vorbeugend auch hier behandelt werden.

Je jünger das Tier noch ist, desto besser und vor allem schneller heilt eine Verletzung. Ein Bruch der Wirbelsäule ist oft schon nach 3 Wochen weitgehend stabil genug, um zu versuchen, das Tier laufen zu lassen (natürlich abhängig von der Komplexität des Bruchs). Selbst leicht neurologische Schäden werden oft eindrucksvoll kompensiert oder verschwinden sogar vollständig.

Der Fall Madita

Die Regenerationsfähigkeit von Alpakas hat mich immer wieder sehr beeindruckt. Im vergangenen Jahr haben wir bei der Jungstute "Madita" einen leichten Bruch mit Instabilität nicht bemerkt. Sie hatte keinerlei neurologische Einschränkungen. Es ist nur aufgefallen, dass der Rücken mal gerade, aber auch immer wieder nach oben aufgewölbt war. Wir dachten an Bauchschmerzen, haben alles an Therapie versucht. Erst nach 2 Wochen haben wir den Bruch und die Beweglichkeit an der gebrochenen Wirbelsäule getastet. Da aber das Tier zu diesem Zeitpunkt bereits 2 Wochen lang problemlos gelaufen ist, haben wir den Bruch einfach zu Ende heilen lassen. "Madita" hat nun am Ende der LWS einen Bogen in der Wirbelsäule, weil der Bruch in leichter Fehlstellung verheilt ist. Aber ansonsten ist sie wieder ganz gesund. Und selbst dieser Bogen wird zunehmend flacher und wird vielleicht in einem Jahr nicht mehr zu sehen sein.

Der Fall Lilly

Dieser Fall ist der Beeindruckenste in unseren 18 Jahren Erfahrung mit Alpakas: Lilly war ein Fohlen, welches eine wirklich schlimme Geburt erlitten hat. Sie lag nicht nur in Fehllage, sondern hatte sich auch noch zusätzlich mit den Beinen hinter dem Becken der Mutter verhakt. Trotz intensiver Maßnahmen das Fohlen herauszuholen, gelang es uns nur unter starkem Drücken und Ziehen. Lilly war zu diesem Zeitpunkt schon mehrfach “gestorben”, musste also unter der Geburt wiederbelebt werden (insgesamt 7 Mal).

Nach dieser dramatischen Geburt hat sich gezeigt, dass sie schwere Schäden der Wirbelsäule davongetragen haben musste, denn sie konnte besonders ihre Hinterbeine nur spastisch hin und her bewegen, nicht aber koordinieren. So konnte sie natürlich auch nicht bei der Mutter trinken oder ähnliches. Wir haben sie nie röntgen lassen, da wir zunächst wenig Hoffnung hatten die ersten paar Tage zu überstehen. Folgende Behandlungsmethoden haben wir eingesetzt:

  • Fixieren (auf einer Wärmplatte), damit sie sich selbst nicht verletzt

  • Magnetfeldtherapie zur Steigerung der Durchblutung

  • Laser-Akupunktur

  • Schmerzmittel

  • Da sie nicht bei der Mutter selbstständig trinken konnte, haben wir sie zugefüttert und die Mutter abgepumpt

Leider haben wir die Heilung von Lilly nicht dokumentiert, da wir selbst nicht glauben wollten, dass eine so schlimme Verletzung tatsächlich heilen kann. Doch es hat funktioniert: zunächst konnte sie auf den “Knien” (bei Alpakas die Sprunggelenke) bis zur Mutter robben, dann unsicher stehen und zum Schluss über die Wiese laufen. Es sind keine Beeinträchtigungen mehr sichtbar und sie hat uns schon sehr schöne Fohlen gebracht. Nur durch das viele Wiederbeleben zeigt sich, dass sie sicherlich nicht unser schlaustes Alpaka sein wird…

Es lohnt sich also immer zu kämpfen!

Autoren: Angelika & Elisabeth Freitag

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