Warum ist die Curvature der Alpaka-Faser so wichtig?

Um das zu verstehen, muss man sich den Prozess des Spinnens vor Augen halten. Nach dem Auskämmen und Kardieren der Faser, mit dem die Richtung der einzelnen Fasern in sogenannten Kardenzügen synchronisiert wird, werden diese Kardenzüge immer weiter auseinandergezogen und abschließend verdreht. Je häufiger und damit stärker die Drehung, desto fester und haltbarer wird der entstehende Faden.

Für die Herstellung von Garnen, die für die Weiterverarbeitung mit Maschinen oder zum Weben gedacht sind, ist ein ausreichend fester und gleichmäßiger Faden erforderlich.

Dagegen ist für die Herstellung von Handstrickgarnen eine geringere Festigkeit notwendig. Dies hat außerdem den Vorteil, dass die Garne sich „flauschiger“ anfühlen. Die stärkere Dicke ist sogar erwünscht. Allerdings bringt die geringere Stabilität mit sich, dass das flauschigere Produkt mehr haart und beim Waschen schneller zum Filzen neigt.

Neben der geringen Curvature ist ein weiterer Nachteil der Alpakafaser gerade bei besonders hochwertiger Faser die glatte Oberflächenstruktur, die den Glanz verursacht. Je glatter und glänzender die Faser, umso schwieriger ist es, daraus einen feinen und festen Faden zu spinnen. Dies wird meist dadurch gelöst, dass mehr Fasern verwendet werden (also ein dickerer Faden entsteht), Fremdfasern beigemischt werden oder eine festere Verspinnung gewählt wird.

Als Beispiel zur Erklärung der Nachteile einer geringen Curvature kann das fast glatte Angora-Haar dienen: es macht Strickwaren zwar extrem flauschig, aber die einzelnen Haare „wehren“ sich gegen die Verspinnung und wandern nach und nach aus dem Faden: das Produkt beginnt zu haaren und verliert so mit der Zeit die Angorahaare.

Nur Haare mit einer Kräuselung von mindestens 90°/mm, besser höher, sind optimal geeignet für die Herstellung hochwertiger Produkte wie sie z.B. Kaschmir und Vicuñja aufweisen.

Hier entsteht das Dilemma bei der Nutzung der Alpakafaser. Sie hat zumeist eine Curvature von 40-60°/mm, gelegentlich sogar weniger (Huacayas, abhängig von der Messmethode). Weil viele Züchter außerdem unterschiedliche Messmethoden verwenden, gibt es bisher Schwierigkeiten mit der Bewertung der ermittelten Werte. Außerdem ist die Curvature wie die Feinheit abhängig von der Ernährung der Alpakas. Je hochwertiger vor allem die Versorgung mit wertvollen Fettsäuren desto höher ist der gemessene Wert der Curvature.

Ein weiterer Nachteil ist die Tatsache, dass eine Curvature über 60°/mm nicht mehr mit den Augen beurteilt werden kann. Denn Fasern mit einer Curvature von 70, 80 oder gar 90°/mm sind optisch, also mit den Augen nicht mehr von uns Menschen zu unterscheiden und damit zu beurteilen. Sie sind also als Kriterium für die Bewertung auf den beliebten Showveranstaltungen ungeeignet. Dies ist der Grund, warum Showalpakas eine niedrigere Curvature besitzen als Faseralpakas. So entsteht allerdings der Eindruck, dass die Faser von Showalpakas wegen der Showerfolge wertvoller wäre als die von Faseralpakas (VILYAs).

Diese Hindernisse haben dazu geführt, dass die Curvature in der Zucht leider gänzlich ignoriert wird und die Herstellung wertvoller Garne und damit hochwertiger Produkte in Europa kaum stattfindet.

Curvature von unter 55 °/mm

Curvature von unter 55 °/mm

Curvature von über 80 °/mm

Curvature von über 80 °/mm

Zurück
Zurück

Würmer, Darmkeime und Hautparasiten

Weiter
Weiter

Ab welchem Alter sollte man Alpakas kaufen/verkaufen?